Harald Fitzek, Qamar Abbas und Christian Prehal (vorne) bei der Anton Paar SAXSpoint 2.0 | © Lunghammer – TU Graz

Umweltschonende Energiespeicher

2020-10-12 | Corporate

Ähnlich wie Batterien eignen sich Superkondensatoren für die wiederholte Speicherung elektrischer Energie. TU Graz-Forschende präsentieren in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Nature Communications“ eine besonders sichere und nachhaltige Variante eines solchen Energiespeichers. Geforscht wurde mit einer SAXS-Anlage von Anton Paar.

Herkömmliche Lithium-Ionen Batterien haben einige Nachteile: begrenzte Sicherheit, Nachhaltigkeit, Recyclingfähigkeit und beschränkt verfügbare Ausgangsmaterialien (z. B. Kobalt). Daher machten sich Forscher der Technischen Universität Graz auf die Suche nach alternativen Energiespeicher und nutzten dabei die Anton Paar-Technologie (SAXSpoint 2.0).

Der Superkondensator
Das Ergebnis Ihrer intensiven Forschungsarbeit ist der „hybride Superkondensator“, eine Kombination aus Batterie und Kondensator. Er kann ähnlich schnell geladen und entladen werden wie ein Kondensator und dabei fast so viel Energie speichern wie herkömmliche Batterien. Zusätzlich kann er viel häufiger geladen und entladen werden – während eine Lithium-Ionen-Batterie eine Lebensdauer von wenigen tausend Zyklen erreicht, schafft ein Superkondensator rund eine Million Ladezyklen.

System aus Kohlenstoff und Salzwasser
Eine besonders nachhaltige, bislang aber recht unerforschte Variante eines solchen hybriden Superkondensators besteht aus Kohlenstoff und wässrigem Natriumiodid (NaI) Elektrolyten, mit einer positiven Batterieelektrode und einer negativen Superkondensatorelektrode. „Das von uns eingehend betrachtete System besteht aus nanoporösen Kohlenstoffelektroden und einem wässrigen Natriumiodid-Elektrolyten, sprich aus Salzwasser. Damit ist dieses System besonders umweltfreundlich, kostengünstig, unbrennbar und einfach zu recyceln“, führt Christian Prehal aus. Er ist der Erstautor der Studie und ist vor kurzem vom Institut für Chemie und Technologie der Materialien der TU Graz an die ETH Zürich gewechselt

Röntgenkleinwinkelmessung an der SAXSpoint 2.0
Mithilfe von Röntgenkleinwinkelstreuung und Raman-Spektroskopie konnten die Forscher erstmals zeigen, dass in den Kohlenstoffnanoporen der Batterieelektrode während der Ladung feste Iod-Nanopartikel entstehen, die sich bei der Entladung wieder auflösen. Das wiederspricht dem bislang vermuteten Reaktionsmechanismus und hat weitreichende Konsequenzen, wie Christian Prehal erklärt: „Nur auf Grund der Kleinheit der Nanoporen von weniger als 1 Nanometer – d.h. 1 Millionstel Millimeter – bleibt das feste Iod stabil. Der Füllgrad mit festem Iod bestimmt dabei, wieviel Energie in der Elektrode gespeichert werden kann. Damit kann die Energiespeicherkapazität der Iod-Kohlenstoffelektroden ungeahnt hohe Werte erreichen, indem sämtliche chemische Energie in den festen Iodpartikeln gespeichert wird.“ Dieses neue grundlegende Wissen eröffnet Wege zu hybriden Superkondensatoren oder Batterieelektroden mit unvergleichlich höherer Energiedichte bei äußerst schnellen Lade- und Entladevorgängen.
Hybride Superkondensatoren können nun mit gezielten Verbesserungen in die Anwendung gebracht werden: als sichere, nicht entflammbare, kostengünstige und nachhaltige Alternative für die stationäre Speicherung elektrischer Energie. Vor allem für die Speicherung von beispielsweise Energie aus Photovoltaik in privaten Haushalten kann diese Technologie eine attraktive Option sein.

Neue Untersuchungsmethode für elektrochemische Energiespeicher
Ein weiterer Durchbruch gelang den Forschern in Bezug auf die verwendeten Untersuchungsmethoden: Bei der Raman-Spektroskopie wird die Wechselwirkung von Licht mit Materie genutzt, um Einblick in den Aufbau oder die Eigenschaften eines Materials zu bekommen. Die Kleinwinkel-Röntgenstreuung (SAXS; small-angle x-ray scattering) macht strukturelle Veränderungen während elektrochemischer Reaktionen sichtbar. Beide Methoden fanden operando statt, das heißt, live während des Ladens- und Entladens einer eigens dafür entwickelten elektrochemischen Zelle. „Sowohl operando Raman-Spektroskopie also auch operando SAXS wurden erstmals an einem hybriden Superkondensator mit wässrigem NaI-Elektrolyt durchgeführt. Für die operando SAXS-Untersuchung haben wir eigens eine Messzelle für Batterien und elektrochemische Energiespeicher entwickelt“, erklärt Prehal. Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass operando SAXS bestens geeignet ist, um strukturelle Änderungen in einem Superkondensator oder einer Batterie auf der Nanometerskala und direkt während des Ladens und Entladens „live“ zu verfolgen. Diese neue Untersuchungsmethode könnte daher künftig breiten Einsatz im Bereich elektrochemischer Energiespeicher finden.

BatteryCell SAXS
Im Zuge des Projektes wurde auch eine Batteriemesszelle für SAXS Messungen entwickelt, die seit kurzem am Markt ist. Bei dieser Entwicklung haben Stefan Freunberger (bis vor kurzem an der ITCM der TU Graz, nun am Institute of Science and Technology Austria), Christian Prehal und Kolleginnen und Kollegen von Anton Paar zusammengearbeitet.

 

Quelle: https://www.tugraz.at/tu-graz/services/news-stories/tu-graz-news/einzelansicht/article/neue-erkenntnisse-ebnen-den-weg-zu-umweltfreundlichen-superkondensatoren/