MCR 302

Pferd oder Kamel?

2021-02-02 | Corporate

Blutprobe – welches Tier ist belastbarer und vor allem warum? Ein Forscherteam hat es mit dem MCR 302 Rheometer herausgefunden.

Seit Jahrhunderten werden Pferde und Kamele für vergleichbare Zwecke eingesetzt: für den Transport von Lasten, zum Reiten und bei Wettkämpfen. Doch so ähnlich ihre Leistungsanforderungen sind, so unterschiedlich ist ihre Belastbarkeit. Während sich ein Pferd in der Wüste bei 50 Grad Celsius kaum vom Fleck bewegen wird, wäre es bei einem direkten Rennduell wiederum wohl nicht ratsam, sein Geld auf das Kamel zu setzen. Warum die beiden Tiere unterschiedlich belastbar sind, hat nicht nur anatomische Gründe.

Ursula Windberger ist Professorin für experimentelle Chirurgie an der Medizinischen Universität in Wien und ging etwas tiefer, genauer gesagt bis ins Blut. Gemeinsam mit ihrem Forschungsteam untersuchte sie das Blut von zehn Dromedaren aus einer Zucht für Rennkamele in Dubai und zehn Vollblutpferden in Wien u.a. mit dem MCR 302 Rheometer von Anton Paar. Dabei kam sie zu erstaunlichen Ergebnissen und entdeckte interessante Unterschiede.

Was passiert bei Belastung? 
Bei uns Säugetieren – so auch beim Pferd – erhöht sich ab einer bestimmten Belastungsintensität die Zahl der roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die den steigenden Sauerstoffbedarf in Muskelzellen bedienen. Obwohl Kamele auch zu den Säugetieren gehören, ist es bei dieser Tiergattung anders: Die Zahl der roten Blutkörperchen verändert sich während der Belastung nicht, sondern wird während der Erholungsphase sukzessive geringer. „Das hängt mit der elliptischen Form, der Membransteifigkeit und der hohen intrazellulären Viskosität der KamelErythrozyten zusammen“, erklärt die Forscherin. Die Erythrozyten des Kamels können sich nicht, wie beim Pferd (oder Menschen), nach den Strömungslinien in den Gefäßen ausrichten – stattdessen machen sie unkontrollierte Bewegungen und taumeln in den Gefäßen hin und her. Weil sich diese Erythrozyten nicht unter Kontrolle haben, ist die Viskosität (Zähigkeit) des Kamelbluts während des Rennens höher als beim Pferd.

In der Ruhe liegt die Kraft
Die Forscher nehmen an, dass es sich bei der abnehmenden Erythrozytenzahl um einen Schutzmechanismus handeln könnte, um einen Stau von Blutzellen vor Gefäßabzweigungen zu verhindern. Damit das nicht passiert, senkt der Körper einfach die Zahl der Blutzellen. Trotzdem ist die Sauerstoffzufuhr gesichert, denn die besondere ovale Form der roten Blutkörperchen erleichtert den Fluss durch die Gefäße mit kleinem Durchmesser. Die Zelle muss sich nicht mehr anpassen, da sie bereits verformt (oval) ist. Allerdings muss sie in einer bestimmten Richtung in die Kapillare einfließen, nämlich ihrer Länge nach. Das ist durch das Hin- und Hertaumeln in den vorgelagerten größeren Gefäßen nicht gesichert. Das Kamel ist daher eher auf Nachhaltigkeit und Langsamkeit ausgerichtet. Es muss mit schwierigen Situationen (Hitze, Trockenheit) umgehen können und in diesem Zusammenhang ist schnelles Laufen kontraproduktiv. Kamelbullen tun dies nur einmal im Jahr, nämlich in der Paarungszeit.

Blut ist nicht gleich Blut
Die Forschungsergebnisse zeigen, wie unterschiedlich Blut sein kann, obwohl die Aufgaben des Blutes für jede Spezies die gleichen sind. Die Natur hat sich hier viele Varianten einfallen lassen und es gibt bis heute keine Erklärung dafür. Kamele sind darauf ausgerichtet, Ressourcen zu sparen. Ihr Stoffwechsel ist langsamer (Stoffwechsel erzeugt Wärme) und ihr Blut hat keine Mechanismen, seine Viskosität bei schnellem Blutfluss zu verringern. Kamele durch Gabe von Blutkonserven und Eisenpräparaten als kommerzielle Renntiere zu nutzen, könnte also gegen die natürliche Ausrichtung laufen.

Rein rheometrische Studie
Das MCR 302 ist das Hauptgerät für die durchgeführten Untersuchungen. Nur alleine mit den Fließkurven und mit den Oszillationstests unter Zuhilfenahme bekannter Daten aus der Fachliteratur werden Bedingungen vorausgesagt, die danach in mikrofluidischen Tests beobachtet werden. „Ich vermute, dass man Rheometer vorrangig in der Qualitätskontrolle verwendet und weniger in der Forschung. Dabei kann man mit einem einfach zu bedienenden Gerät doch einiges voraussagen, wozu man sonst viel kompliziertere Methoden verwenden müsste“, zeigt sich Ursula Windberger vom Messinstrument begeistert. Und das Rheometer wird am Institut auch für weitere Untersuchungen verwendet, so wird damit beispielweise die Festigkeit von biologischen Fasermaterialien (Blutgerinnsel, Kollagennetze) bestimmt. Mit den Erfahrungen aus der Analyse von Pferde- und Kamelblut ist es für die Forschung möglich, Medikamente für den Menschen zu optimieren – und das mit unserem Anton Paar Rheometer.